Coronavirus und die Auswirkungen auf Reiseverträge: Welche Rechte haben Reisende?

  • 3 Minuten Lesezeit

Das weltweit auftretende Coronavirus beeinflusst das Verhalten von Reiseveranstaltern, aber auch von Reisenden. Welche Rechte und Pflichten haben Reiseveranstalter, welche Möglichkeiten bestehen aufseiten der Reisenden, sich von Reiseverträgen oder Beförderungsverträgen zu lösen? 

Das Virus und Pauschalreiseverträge

Eine häufig gestellte Frage ist es, ob Reisende oder der Reiseveranstalter von gebuchten Reiseverträgen den Rücktritt gemäß § 651h Abs. 3 BGB erklären können. Diese Vorschrift ist der Regelung des bis zum 30. Juni 2018 geltenden § 651j BGB nachgebildet. Der heutige Wortlaut der Regelung hat folgenden Inhalt:

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 3 kann der Reiseveranstalter keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. 

Umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich im Sinne dieses Untertitels, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.

Demnach können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende vom Reisevertrag zurücktreten, wenn im Zielgebiet unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorherrschen.

Solche unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände wird man allerdings für die meisten Zielgebiete (noch) nicht annehmen können, sodass weder der Reiseveranstalter noch der Reisende den Rücktritt vom Vertrag nach dieser Vorschrift erklären können. Reisende, die dennoch die Reise nicht antreten und den Rücktritt erklären möchten, setzen sich der Gefahr von Stornokosten aus. 

Liegen allerdings im Zielgebiet, so wie das momentan für Italien anzunehmen ist, diese unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände vor und erklärt der Reisende den Rücktritt, kann der Reiseveranstalter keine Stornoentschädigung verlangen.

Wenn allerdings ein Reiseveranstalter, wie jüngst bei AIDA Cruises geschehen, den Reisevertrag kündigt, ohne dass das Zielgebiet von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen beeinträchtigt ist, führt das zum Anspruch des Reisenden auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit neben der Rückforderung auf den gesamten Reisepreis. 

Sofern ein Reiseveranstalter aus wirtschaftlichen Gründen eine Reise in ein bestimmtes Zielgebiet absagt, besteht für ihn die Verpflichtung, seinen Kunden die Entschädigung wegen Nutzung aufgrund der Urlaubszeit zu leisten. 

Das Virus und Luftbeförderungsverträge 

Die Angst vor einer Infektion im Zielgebiet führt nicht zum Recht, den Beförderungsvertrag ohne Stornokosten kündigen zu dürfen. Für Luftbeförderungsverträge gibt es eine dem § 651h BGB entsprechende Regelung nicht. Wenn allerdings die Fluggesellschaft den Flug nicht durchführt, muss sie dem Fluggast den vollständigen Ticketpreis zurückerstatten.

Wenn eine Fluggesellschaft einen Flug annulliert, obwohl hierfür keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, schuldet sie dem Fluggast unter der Voraussetzung der Anwendbarkeit der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung die Ausgleichszahlung je nach Flugentfernung zwischen 250 bis zu 600 €. 

Derzeit ist zu beobachten, dass einige Fluggesellschaften Flüge annullieren und ihre Fluggäste auf andere Flüge umbuchen. Diese Entscheidung der Fluggesellschaften beruht zumeist auf wirtschaftlichen Erwägungen, sodass von einer Befreiung zur Verpflichtung, die Ausgleichszahlung leisten zu müssen, nicht ausgegangen werden kann. 

Diese Annahme gilt aber nur für Flüge, die vor dem 13. März 2020 - der Verhängung des Verbots der Einreise deutscher und EU-Bürger in die USA - durchgeführt werden sollten. Ab diesem Tag dürften Annullierungen von Flügen nicht mehr als bloße unternehmerische Entscheidung gewertet werden.

Für die Beratung zu den Ansprüchen nach Flugverspätungen steht Ihnen advocatur Wiesbaden – die Spezialkanzlei für Reise- und Luftverkehrsrecht – gerne zur Verfügung.

Eine Vielzahl von Mandanten stammt nicht aus unserer Region, dem Rhein-Main-Gebiet. Wir vertreten selbstverständlich auch Reisende, die weiter weg wohnen. Durch die modernen Kommunikationsmittel ist die optimale Vertretung auch bei größeren Entfernungen zwischen Mandant und Anwaltskanzlei jederzeit gewährleistet. Für eine kurze Ersteinschätzung nutzen Sie bitte gerne die Kontaktmöglichkeit auf dieser Seite.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Holger Hopperdietzel

Beiträge zum Thema