D.i.i. Deutsche Invest Immobilien AG: Betriebsübergang in der Insolvenz ? Kündigung durch Insolvenzverwalter droht

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Wie schützen sich Arbeitnehmer gegen Kündigung des Insolvenzverwalters 

Gerät ein Unternehmen in Schieflage und ein Insolvenzverwalter wird bestellt, um die Insolvenzreife im vorläufigen Insolvenzverfahren zu prüfen, kann es sein, dass ein Teilverkauf von Unternehmensbestandteilen sinnvoll wird. Damit gehen oftmals arbeitsrechtliche Maßnahmen einher. Denn gerade in der Insolvenz oder in einer Sanierungsphase will ein Erwerber regelmäßig nur die betriebs­not­wendige Geschäftsausstattung („Asset Deal”) und möglicherweise einen Teil der Arbeitnehmer übernehmen. Einzelne Schlüsselmitarbeiter und wertvolle Teile der Geschäftsausstattung werden gezielt für die Übernahme durch den Erwerber ausgewählt. Dieses „Rosinen-Picken“ hat oft zur Folge, dass langjährige, treue Angestellte aussortiert werden. Die Insolvenz wird dann gewissermaßen als willkommener Anlass gesehen, sich solcher Mitarbeiter kostengünstig zu entledigen.

Prominentestes Beispiel eines Unternehmens in Schieflage aus jüngster Zeit ist die d.i.i. Deutsche Invest Immobilien AG, deren Insolvenzantrag Anfang April für großes Aufsehen sorgte. Anfang Februar 2024 wurde vom Handelsblatt zunächst über einen eher skurrilen Compliance-Fall um Scheinabrechnungen (Dübellöcher & Vogelkot) beim Wiesbadener Fondsspezialisten d.i.i. Deutsche Invest Immobilien AG berichtet. Dann folgte überraschend schnell der Insolvenzantrag der Firma selbst. Inzwischen ist die vorläufige Insolvenzverwalterin am Ruder und hat den bisherigen Vorstandsvorsitzenden beurlaubt. Bei Kooperationspartnern und Anlegern der dii dürfte Ratlosigkeit herrschen. Doch auch für die Arbeitnehmer der dii ist die Zukunft ungewiss. Denn es machen Gerüchte die Runde, wonach es bereits zeitnah zu einen Asset-Deal kommen könnte. Sollte ein solcher Plan in die Tat umgesetzt werden, könnte dies das Aus für viele Mitarbeiter bedeuten.

Insolvenz allein kein Kündigungsgrund

Die Insolvenz eines Unternehmens allein, stellt keinen Kündigungsgrund dar. Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist auch während der Insolvenz durch die Arbeitsgerichte uneingeschränkt überprüfbar. Zwar können theoretisch zum Beispiel Betriebsstilllegungen oder Betriebsteilstilllegungen, als Folgen eines Insolvenzverfahrens eine sogenannte „Betriebsbedingte Kündigung“ im Einzelfall rechtfertigen. Eine solche Kündigung in der Insolvenz wird jedoch durch die Arbeitsgerichte genauso streng überprüft, wie jede andere Kündigung auch. Etwa die Sozialauswahl muss durch den Insolvenzverwalter genauso gründlich und fehlerfrei durchgeführt und nachgewiesen werden, wie durch einen „normalen“ Arbeitgeber.

Kündigungsverbot aufgrund Betriebsübergangs gilt auch in der Insolvenz

Besonders komplex wird es, wenn Insolvenz und ein Betriebsübergang zusammentreffen. Das Kündigungsverbot nach § 613a Abs. 4 S. 1 BGB wegen des Betriebsübergang gilt auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens; insbesondere rechtfertigt die Insolvenz an sich keine betriebsbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG und kommt damit nicht als „anderer Grund“ im Sinne des § 613a Abs. 4 S. 2 BGB in Betracht (BAG, Urteil vom 16.9.1982 – 2 AZR 271/80).

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, wann bei einem Asset Deal ein Betriebsübergang vorliegt. Ein Betriebsübergang liegt immer dann vor, wenn ein Insolvenzverwalter die Betriebstätigkeit der Insolvenzschuldnerin einstellt, deren bisherige Betriebsmittel einem Dritten überlässt und dieser mit den übernommenen Betriebsmitteln die wirtschaftliche Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin fortführt. (BAG, Urteil vom 25. 10. 2007 - 8 AZR 917/06).

Besonderheiten bei Kündigung in der Insolvenz

Daneben sind weitere Besonderheiten bei Kündigungen und Kündigungsschutzverfahren in der Insolvenz unbedingt zu beachten. So gelten grundsätzlich für ordentliche Kündigungen die gesetzlichen oder vertraglichen Fristen – höchstens jedoch 3 Monate zum Monatsende. Diese Verkürzung oder Deckelung der Kündigungsfrist nach § 113 InsO kann gerade bei schon sehr lange bestehenden Arbeitsverhältnissen oder sehr langen vertraglichen Kündigungsfristen einen großen Unterschied machen.

Vorsicht bei Freistellung in der Insolvenz!

Im „normalen“ Arbeitsverhältnis ist eine Freistellung des Arbeitnehmers mit Ausspruch der Kündigung bis zum Beendigungsdatum für diesen in aller Regel von Vorteil. Zwar können durch die Freistellung Urlaubsansprüche und Mehrarbeit abgegolten werden, jedoch kann der Arbeitnehmer die freigewordene Zeit für Jobsuche oder Erholung nutzen, ohne sich sorgen zu müssen, ob er seinen Lohn auch bekommt.  In der Insolvenz kann eine Freistellung für den Arbeitnehmer empfindliche Nachteile mit sich bringen. Während das Arbeitsentgelt für Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbringt, zu den privilegierten sog. Masseforderungen zählt, die vorranging zu befriedigen sind, stellt der Verzugslohnanspruch während einer Freistellung nur eine einfache Insolvenzforderung dar. D.h. die Verzugslohnansprüche werden neben den anderen Insolvenzforderungen lediglich nach der allgemeinen Quote befriedigt. In den wohl meisten Fällen bedeutet dies einen Totalausfall. Daher kann es im Einzelfall sinnvoll sein, den Weiterbeschäftigungsanspruch gegen die Insolvenzverwalterin im Wege der einstweiligen Verfügung durchzusetzen, um den Verlust der Entgeltansprüche zu vermeiden.

Arbeitnehmer können von Erfahrungen des Fachanwalts mit der D.i.i. profitieren

Rechtsanwalt Dr. Frederic Raue hat bereits verschiedne Verfahren gegen die D.i.i. führen und erfolgreich abschließen können. Er ist mit den Besonderheiten des Unternehmens und den Hintergründen der aktuellen Schieflage, die in die Insolvenz geführt haben, vertraut. Mitarbeiter, die Ihre Rechte durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen und durchsetzen lassen wollen,  können von den Erfahrungen des Fachanwalts für Arbeitsrecht  mit der D.i.i. profitieren.

Dr. Frederic Raue rät: „Wer seinem Arbeitgeber lange treu gedient hat und nun mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes für Fehler, die auf Führungsebene gemacht wurden, gerade stehen soll, muss dies nicht kampflos hinnehmen. Jeder Arbeitnehmer sollte seine Kündigung individuell überprüfen lassen und sein Recht mit Nachdruck einfordern. Auch Schadenersatzansprüche gegen die Verantwortlichen werden zu prüfen sein .“

Foto(s): Rechtsanwalt Benjamin Hasan

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