OLG Frankfurt: Trunkenheit am Steuer legt Unfallverursachung nah

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Ein Verkehrsunfall, an welchem beide Parteien eine Teilschuld tragen – ein Fall, wie er zuhauf auf Deutschlands Straßen vorkommt. Eine der beiden Parteien war jedoch zum Unfallzeitpunk alkoholisiert. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied nun in seinem Urteil vom 25. Januar 2024 (Az. 26 U 11/23) über einen solchen Sachverhalt und beschäftigte sich hierfür auch mit dem Anscheinsbeweis.

Beklagter übersah Passantin

Der Beklagte fuhr stadteinwärts in einer Kleinstadt, es wurde ein Promillewert von 0,96 festgestellt. Die spätere Klägerin überquerte zu diesem Zeitpunkt mit vier weiteren Personen die Straße, wo sie vom Fahrzeug des beklagten Fahrers erfasst und in die Höhe geschleudert wurde, noch bevor sie die Verkehrsinsel erreichen konnte. Sie trug mehrere schwere Verletzungen davon und verlangte Schadensersatz sowie Schmerzensgeld vom Autofahrer.

In erster Instanz widmete sich das Landgericht Gießen (Urt. v. 02.03.2023, Az. 0 526/20) dem Fall und rechnete der Fußgängerin einen Mitverschuldensanteil in Höhe von 50 Prozent zu. Diesen Anteil senkte das Oberlandesgericht Frankfurt nach der Berufung der Klägerin auf 25 Prozent herab und sprach ihr u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 52.000 Euro zu. Grund für die Abweichung des OLG vom Urteil des Landgerichts ist insbesondere die Trunkenheit des Autofahrers. Von diesem sei die Ursache für den Unfall gesetzt worden.

Der Beklagte hat nicht gebremst und habe gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen. Hinzu kommt, dass er erheblich alkoholisiert Auto gefahren ist, weshalb er auch nicht auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Fußgängerin hätte vertrauen dürfen.
Das OLG führt aus, dass das alkoholisierte Führen eines Fahrzeugs als ein grober Verstoß gegen die Grundsätze der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt anzusehen ist und folgert daraus, dass derjenige, der angetrunken ein Auto fährt, grob fahrlässig handelt. 

Es sei davon auszugehen, dass der Verkehrsverstoß gerade wegen der Trunkenheit passierte: Ein Anscheinsbeweis spreche dafür, dass die Alkoholisierung für den Unfall ursächlich war, „wenn dieser sich in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können“, so das Oberlandesgericht. Ein nüchterner Fahrer hätte aufgrund der freien Sicht die Fußgängerin wahrgenommen und auch rechtzeitig bremsen können. 

Der Klägerin wurde ein Mitverschulden eingeräumt, da auch sie den auf sie zukommenden PKW hätte erkennen können, als sie die Fahrbahn betreten hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Nichtzulassungsbeschwerde weiterhin möglich. 

Der Anscheinsbeweis im Straßenverkehrsrecht

Bei einem Anscheinsbeweis handelt es sich um eine typisierte Form des Indizienbeweises, der regelmäßig bei typischen Geschehensabläufen greift. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf einer bestimmten Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs (also die Verwirklichung des Tatbestandes) hinweist. Der Anscheinsbeweis wird oftmals im Verkehrsrecht herangezogen, etwa bei Auffahrunfällen, Unfällen beim Linksabbiegen oder an einer Kreuzung bzw. Einmündung. Aber eben auch bei Trunkenheits-Unfällen, bei denen der Beweis des Anscheins dafür spricht, dass die Fahruntüchtigkeit aufgrund des Alkoholeinflusses ursächlich für die Kollision war, insbesondere, wenn sich der Unfall unter solchen Bedingungen ereignet hat, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können. So wie im vorliegenden Fall. 

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