Insolvenz & Arbeitsrecht – Wichtiges kompakt

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Hat die Anmeldung der Insolvenz Auswirkungen auf den Bestand meines Arbeitsverhältnisses? Antworten auf diese Fragen – und vieles mehr rund um das Spannungsfeld zwischen Insolvenz und Arbeitsrecht finden Sie kompakt hier bei uns.  

Zunächst unterscheidet das deutsche Insolvenzrecht zwischen verschiedenen Verfahren: das Regelinsolvenzverfahren, das Insolvenzplanverfahren und die Eigenverwaltung. Aber darauf wollen wir hier nicht näher eingehen. Wichtig ist noch die Unterscheidung zwischen dem vorläufigen und dem eröffneten Insolvenzverfahren. Wenn wir uns gleich die arbeitsrechtlichen Besonderheiten anschauen, setzen diese immer die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus. 


Auswirkungen auf Arbeitnehmende 

Den komplizierten Ablauf eines Insolvenzverfahrens wollen wir Ihnen hier ersparen und stattdessen den Fokus auf die Bereiche legen, die für Sie als Arbeitnehmende die entscheidenden sind. Bin ich finanziell abgesichert? Hat mein Arbeitsvertrag Bestand – oder bin ich automatisch gekündigt? 

Grundsätzlich gilt erstmal der Arbeitsvertrag fort. Es kann aber vorkommen, dass einzelne Regelungen von insolvenzrechtlichen Besonderheiten überlagert werden, eben auch zum Nachteil von Arbeitnehmenden.  


1)    Bestand des Arbeitsverhältnisses 

Zuallererst hat das Arbeitsverhältnis nach Insolvenzeröffnung mit Wirkung für die Insolvenzmasse - als Vertrag – bestand. Der Insolvenzverwalter tritt an die Stelle des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmende hat weiterhin einen Anspruch auf vertragsgerechte Beschäftigung. Aber es greifen eben bestimmte Sonderregelungen aus der Insolvenzordnung (kurz: InsO). Das bedeutet unter Umständen, dass die Kündigungsfristen kürzer ausfallen oder Betriebsvereinbarungen gekündigt werden.  


2)    Anspruch auf Gehalt

Für getane Arbeit erhalte ich dann aber auch mein Geld oder nicht?! Es kommt darauf an, das Schicksal der Ansprüche der Arbeitnehmer auf Zahlung von Arbeitsentgelt hängt entscheidend davon ab, ob diese Ansprüche als Insolvenzforderungen oder Masseforderungen einzuordnen sind.  

Masseforderungen müssen aus der Insolvenzmasse – nach Abzug der Verfahrenskosten – vorab befriedigt werden. Das bedeutet, dass sie grundsätzlich in voller Höhe auszuzahlen sind und gegenüber dem Insolvenzverwalter eingeklagt werden können. Forderungen aus Arbeitsverhältnissen wie etwa Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer, die nach Insolvenzeröffnung entstehen, sind folglich Masseforderungen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO

Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, die vor Insolvenzeröffnung entstanden sind, können dagegen nur als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden, § 108 Abs. 3 InsO. Insolvenzforderungen können lediglich nach den §§ 174 ff. InsO zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Stellt der Insolvenzverwalter diese Forderungen zur Tabelle fest, werden in der Praxis zumeist aber allenfalls geringe Bruchteile der Forderungen tatsächlich ausgezahlt.  


Zusätzlich besteht die Chance von der Agentur für Arbeit Insolvenzgeld zu erhalten. Dafür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: ein Insolvenzereignis, das Bestehen eines Vergütungsanspruchs im Insolvenzgeldzeitraum und ein Antrag auf Insolvenzgeld. Arbeitnehmer, die ihr Gehalt vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr ausgezahlt bekommen haben, haben einen Anspruch auf Insolvenzgeld für drei Monate. Die Höhe des Insolvenzgeldes entspricht dem Nettoeinkommen und wird vom Arbeitsamt getragen, jedoch gelten die gesetzlichen Beitragsbemessungsgrenzen.  


Bei erheblichen Zahlungsrückständen des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung ausüben. Wird das Zurückbehaltungsrecht berechtigt ausgeübt, kann der Arbeitnehmer auch ohne Arbeitsleistung seine vertragsgemäße Vergütung gegenüber seinem Arbeitgeber verlangen, § 615 BGB. Zahlt der Arbeitgeber jedoch weiter nicht, hat der Arbeitnehmer trotz rechtlich fortbestehenden Arbeitsverhältnisses nach Arbeitsniederlegung Anspruch auf Arbeitslosengeld I, § 157 Abs. 3 S. 1 SGB III. Anders als das Insolvenzgeld sichert das Arbeitslosengeld I damit nur zukünftige Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach Ausübung des Zurückbehaltungsrechts. 


3)    Besonderheiten der Kündigung 

Nachdem der Insolvenzverwalter anstelle des Arbeitgebers in das Arbeitsverhältnis „nachrückt“, kann auch nur noch dieser den Arbeitnehmenden kündigen. Achten Sie daher darauf, wer Ihre Kündigung unterschrieben hat.  

Die Kündigung nach Insolvenzeröffnung wird für den Insolvenzverwalter lediglich hinsichtlich der geltenden Kündigungsfristen durch § 113 InsO erleichtert. Hiernach kann er, aber auch der Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von höchstens 3 Monaten auch dann kündigen, wenn eine längere Kündigungsfrist gelten würde oder die ordentliche Kündigung sogar arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich ausgeschlossen wäre. 


4)    Besonderheiten für Betriebsräte 

Eine Insolvenz ändert nichts unmittelbar an dem Mandat und den Aufgaben eines Betriebsrates. Sofern Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung die Insolvenzmasse belasten, können diese – unabhängig von vereinbarten Laufzeiten und Kündigungsfristen – mit einer Frist von drei Monaten nach § 120 InsO gekündigt werden. Eine vorherige Beratung mit dem Betriebsrat über eine einvernehmliche Herabsetzung der Leistungen soll versucht werden, ist aber nicht zwingend.  


Fazit  

Sie haben gesehen das Insolvenzrecht betrifft viele Facetten des Arbeitsrechts. Allgemein lassen sich nur schwer Verhaltensempfehlungen aussprechen – es kommt doch immer auf den Einzelfall an. Wenn Sie der gesamte Artikel interessiert, schauen Sie gerne auf unserem Blog vorbei!

Sollten Sie sich in der Situation befinden – dann gilt die klare Empfehlung wenden Sie sich an einen Experten und lassen sich rechtlich beraten. Aber auch bei allen anderen arbeitsrechtlichen Fragen stehen wir Ihnen bundesweit zur Verfügung. Nutzen Sie dazu gerne unsere Online-Terminvergabe und anschließend die Möglichkeit zu einem digitalen Treffen, so sind wir immer um die Ecke! 


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